Donnerstag, 23. Mai 2013
Tag 4
Feminismus in China.

Ein Umstand der mir in China sofort ins Auge gesprungen ist, dass alle Mädchen und Frauen so dünn und zierlich sind. Auch sind sie, meiner Ansicht nach, außergewöhnlich hübsch. Ich fürchte beim Einkaufen keine „passende“ Kleidung finden zu werden.
So erzählte ich Guo Dan von meiner Beobachtung und sie verwies mich gleich auf die Esskultur. Nun ja, zu Essen gibt es hier eine enorme Variation an Gemüse, das nur kurz erhitzt wird, wodurch es seine ganzen Nährstoffe behält und alles in allem nicht viele Kalorien hat. Doch schmeckt das Essen so unverschämt gut, dass es mir schlicht an Selbstkontrolle mangelt, es nur bei einer Portion zu belassen.
Das Schönheitsideal ist hier sehr hoch angesiedelt. Von den Werbeplakaten lächeln mich bildhübsche Asiatinnen an, mit Ausnahme der zahlreichen Avril Lavigne Poster – ich bin mir nicht so ganz sicher, was genau sie da an den Mann bringen möchte. Bei starkem Sonnenschein wird hier nicht nur Sonnencreme aufgetragen sondern das Haus auch mit einem Sonnenschirm verlassen. Gebräunte Haut entspricht nicht dem Ideal. Ich erzählte ihr von Sonnenstudios, Selbstbräunern und stundenlangem Sonnenbaden und ernte nur ein Lachen, sowie die Anmerkung, dass dies doch nicht gesund für die Haut sei.
Astrid ergänzte an einem anderem Abend diese Erkenntnis durch weitere Informationen, so erhoffen sich die meisten Mädels von einem Studium zweierlei Dinge: einen Abschluss und einen Ehemann zu finden. Ich wurde dann zu einem Debatiertreffen eingeladen, dessen Thema „Feminismus in China“ war. Dort erfuhr ich Allerlei skurriles, wie dem Abmessen vom Abstand zwischen Schulter und Brustwarze zur Ermittlung eines Ideal, dass dann bei Bewerbungen (!) für öffentliche Positionen Gebrauch findet. All diese Dinge sehen aus Sicht eines Europäers seltsam und antifeministisch aus, doch darf man nicht den Fehler begehen und stupide unsere Maßstäbe auf eine ganz anders funktionierende Gesellschaft transferieren. Nichts desto trotz denke ich, dass bei dem Tempo das China bei den meisten Dingen einlegt, die Feminismusdebatte in spätestens 10Jahren unnötig sein wird.

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